Textverständnis schwer gemacht

Gepostet in: Internet - Leben

Manchmal sind es die kleinen Dinge im Leben, die einen zur Verzweiflung bringen. Besonders schwierig wird es dann, wenn sich Diskussionen um sensible Themen wie Behinderung drehen. Noch besondererer (sic!) dann, wenn diese im Internet stattfinden.

So auch im folgenden Fall auf Twitter.

Ich saß auf der Arbeit und las in meiner Timeline folgenden Tweet von Julia Probst:

Die befragt Nichtbehinderte, wie die Stadt ist. Das ist so, als würde man Hunde Katzenfutter bewerten lassen.

Klingt erstmal total schlimm, wenn man bedenkt, dass Nichtbehinderte (mit Ausnahmen) quasi kaum über Barrierefreiheit aufgeklärt sind.
Wieso sollen die denn Städte nach ihrere Barrierefreiheit beurteilen (dürfen/können)?

Na gut.
Ich fragte also nach einer Quelle (macht man ja so, bevor man irgendwas zur Sache sagt) und erhielt folgende Antwort:

Das machen die schon seit Jahren so!

Hab mich dann erstmal für mein Nichtwissen entschuldigt und erneut auf eine Quellenangabe bestanden, welche dann auch freundlicherweise geliefert wurde.

Es geht um diese Umfrage der aktion Mensch.

Der aufmerksame Leser hat’s wahrscheinlich gleich erkannt; ich leider erst etwas später (musste ja nebenbei arbeiten).

Das Thema der Umfrage lautet nämlich „Wie barrierefrei finden die Deutschen ihre Stadt?“.

Das ist IMHO ein himmelweiter Unterschied zu „Die befragt Nichtbehinderte, wie die Stadt ist.“!

„Eine Stadt als barrierefrei empfinden“ gegen „Wie barrierefrei IST die Stadt“.

Klar soweit, oder?

Mir schon, Julia nicht.
Denn egal, wie man versucht hat, es ihr zu erklären, immer wieder prangert sie an:

Der Punkt ist: Nichtbehinderte können das nicht beurteilen. Nichtbehinderte haben NICHT für Menschen mit Behinderungen zu entscheiden!

Nö. Du findest es okay, dass die Meinung von Menschen mit Behinderungen weniger zählt und Nichtbehinderte darüber entscheiden.

Vielleicht lag es auch an mir.
140 Zeichen sind mir für Diskussionen generell zu wenig, aber die werte Julia hat selbst die Quelle geliefert, sie offenbar jedoch nicht gelesen und auch nicht verstanden, worum es der aktion Mensch dabei ging.

Natürlich gebe ich Julia recht, wenn sie schreibt, dass Nichtbehinderte kaum (nicht gar nicht) sämtliche Barrieren erkennen und beurteilen können, aber die die Umfrage lautete halt „Wie barrierefrei finden die Deutschen ihre Stadt“. So und nicht anders.

Das schließt meiner Meinung nach alle deutschen Bürger (behinderte und nichtbehinderte) ein und nicht nur die, die sich in der Thematik 90%ig auskennen (ich unterstelle, dass nicht jeder behinderte Mensch JEDE Barriere kennt).

Naja, ich hab mich dann aus der Diskussion zurückgezogen und wurde mit

Nö. An dir zeigt sich die Empfindlichkeit von Nichtbehinderten, die meinen können, sie könnten beurteilen und bewerten.

verabschiedet.

Den ganzen Verlauf kann man hier auf Twitter nachlesen.

Letztlich finde ich es total schade, dass

  1. Julia jedem Menschen ohne Behinderung unterstellt, er/sie könne Barrierefreiheit nicht beurteilen
  2. Julia kein Textverständnis hat
  3. Julia die aktion Mensch für etwas an den Pranger stellt, was so nicht der Wahrheit entspricht (zumindest nicht der genannten Quelle nach)
  4. das andere Menschen den Tweet teilten, ohne zu hinterfragen
  5. ich meine Zeit dafür geopfert habe

 

Würde mich interessieren, was Du darüber denkst.

 

Nachtrag:
Aktion Mensch hat mich mittlerweile bestätigt (juhu!!!)

Wir haben nicht danach gefragt, wie barrierefrei die Städte sind, sondern wie das Stimmungsbild ist :) Zudem: Das Thema geht alle an. (jt)

Ließ die gute Julia aber auch nicht gelten:

. Bullshit! Ihr liesst mal wieder Nichtbehinderte für Menschen mit Behinderungen entscheiden und so Ergebnis verwässert.


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Jan B-Punkt

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Ich bin Jan, der Hauptakteur bei janbpunkt.de. Naja, eigtl. bin ich sogar der einzige Schreiberling hier. 1980 in Eckernförde geboren, lebe ich aktuell in Kiel und habe Spaß an Technik, Gadgets und dem Internet. Außerdem fotografiere und zocke ich gern. Verständlich, dass die meisten Artikel sich daher auf eben jene Themen beziehen.
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DBark31415
7 Jahre zuvor

Hi Jan, ich stimme dir in deiner Ansicht zu. Nur bezog sich mein Twitter Kommentar gerade nicht auf die Fragestellung, sondern auf die Befragten.
Und da hinkt Julias Vergleich mit Hunden und Katzen.
Es wurden ja lt. AM nicht „Nichtbehinderte“ befragt, sondern „Menschen“ mit einem repräsentativem Anteil Behinderter. Und deshalb wäre der bessere Vergleich „Haustiere“ inkl. „Katzen“ gewesen.